SPD-Antrag gegen Verlängerung der Amtszeit der Bürgermeister und Landräte

In einem umfassend begründeten Antragsschreiben an Bürgermeister Dr. Storch hat sich die SPD-Fraktion gegen eine von der Landesregierung vorgesehene Verlängerung der Amtszeit der Bürgermeister und Landräte von bisher 5 auf 8 Jahre ausgesprochen. Eine entsprechende Beschlussfassung soll in der nächsten Ratssitzung erfolgen. Die Landesregierung möchte durch eine entsprechende Gesetzesänderung die Amtszeit der Bürgermeister und Landräte von der Wahlperiode der Räte und Kreistage abkoppeln und hierdurch die Hauptverwaltungsbeamten weiter stärken und ihnen eine größere Kontinuität in der Amtsführung ermöglichen. Außerdem soll das Amt auch versorgungsrechtlich attraktiver werden und Bewerber aus der freien Wirtschaft stärker interessieren.

Nach Auffassung der SPD, so Fraktionsvorsitzender Dietmar Tendler, bringt eine solche Verlängerung der Amtszeit von bisher fünf auf künftig acht Jahre jedoch eine Vielzahl von Nachteilen, die die Vorteile einer solchen Verlängerung weit überwiegen. (Begründung nachstehend auszugsweise)

Im Kern steht hinter der Debatte um die Verlängerung der Wahlzeit der hauptamtlichen Bürgermeister ein Problem, das die Befürworter höchstens am Rande erwähnen: Das Versorgungsproblem. Gegenwärtig ist es so, dass Amtsinhaber, die bereits vorher lange genug im öffentlichen Dienst waren, einen unmittelbaren Versorgungsanspruch nach Ablauf ihrer Wahlzeit haben, andere Betroffene hingegen nicht. Das ist ungerecht, verbaut das Interesse qualifizierter Persönlichkeiten für dieses Amt und schadet seinem öffentlichen Ansehen. Deshalb muss das Versorgungsproblem gelöst werden. Der Landtag hat mit einem Versorgungswerk der  Landtagsabgeordneten einen Weg aufgezeichnet, in der Privatwirtschaft existieren ebenfalls Modelle. Um das Versorgungsproblem zu lösen, ist die Verlängerung der Amtszeit, die dann jedem Amtsinhaber sofort eine (gute) Versorgung sichert, der falsche und zu teure Weg.

Ob in der Privatwirtschaft oder in der Politik, nahezu überall werden Leitungsfunktionen auf maximal fünf Jahre vergeben. Bundespräsident, Bundeskanzler, Ministerpräsident, all die Staatsämter werden in Fünf- oder Vier-Jahres-Rhythmus gewählt. Warum soll das bei den Bürgermeistern anders sein? Die politische Legitimation auf Grund abnehmender Wahlbeteiligung stellt sich zunehmend als Problem dar. Weitere Wahltermine werden dieses Problem nicht mildern, im Gegenteil. Die Wahlbeteiligungen isolierter Bürgermeisterwahlen in anderen Bundesländern sind kein Gegenbeweis. Noch problematischer wird dieser Sachverhalt, wenn auf die Stichwahlen verzichtet wird, wie dies die neue Landesregierung durchsetzen will. Wir werden "Minderheiten – Bürgermeister" und Räte bekommen. Die Trennung der Wahlen schwächt auf Dauer beide Organe. Warum sollen wir das wollen?

Heute haben die Bürgerinnen und Bürger bei den Kommunalwahlen mehrere Stimmen und wir haben damit in NRW keine Schwierigkeiten. Die Wählerschaft weiß zu unterscheiden, wie die unterschiedlichen Wahlergebnisse zeigen. Die Trennung der Wahltermine ist auch nicht das vorrangige Ziel der Räte und Kreistage. Sie entspricht vielmehr den Wünschen eines Verwaltungsdenkens, das die politischen Aufgaben des Bürgermeisters oder Landrates in den Hintergrund drängt. Der direkt gewählte Bürgermeister oder Landrat ist aber nicht mehr nur noch Verwaltungsleiter, er ist gleichermaßen Repräsentant wie auch Vorsitzender des Rates bzw. des Kreistages. Warum sollen wir seine Funktion durch eine Abkopplung seiner Wahl isolieren? Bürgermeister und Rat, Landrat und Kreistag sind gemeinsam für die Entwicklung der Kommunen verantwortlich. Eine Trennung der Wahltermine stört die Verantwortungsgemeinschaft weit mehr als das es sie fördert. Wir brauchen keine, den Räten oder Kreistagen entrückten und vielleicht sogar isolierten "Spitzenfunktionäre", sondern die Stärkung der "Gemeinschaftsaufgabe Stadt und Kreis". Durch die Trennung der beiden Wahlen wird eher der Eindruck eines Gegensatzes bestärkt, als diese Verantwortungsgemeinschaft gefördert.

Reformbedarf gibt es in der Tat bei der Gemeindeordnung und dem Kommunalwahlrecht. Statt Trennung sollte aber eher über Zusammenlegung von
Wahlterminen verschiedener Wahlen nachgedacht werden, vielleicht auch über eine Verlängerung von Wahlperioden und – unterhalb dieser Ebene – bessere Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern an den grundlegenden Entscheidungen ihrer Stadt und ihres Kreises. Hier ist das Feld eines modernen Kommunal- und Staatsverständnisses neu zu bestellen.