Rede zum Haushalt 2022

Sara Zorlu

Jahreshaushalt 2022

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Viehof!

Angesichts der Herausforderungen denen die Menschen in Europa gegenüberstehen, während einer noch existierenden Pandemie und erschüttert durch die Bilder des Krieges in der Ukraine, fällt es mir schwer diese Rede zu halten. Die Probleme der Gemeinde Eitorf, wirken angesichts der Zerstörung und Flucht aus den weltweiten Krisengebieten winzig. Durch die Ereignisse in Europa hat sich die politische Situation essentiell geändert, der Bundeskanzler sprach von einer Zeitenwende.

Ich werde mich heute in dieser Rede kurz fassen. Wir betrachten ein relatives kurzes Haushaltsjahr, unsere Hausaufgaben sind klar. Es gibt keinen Spielraum für größere Wünsche. Ich möchte deutlich klarstellen, dass die kommenden Haushaltsjahre, angesichts fehlender ausgleichender Mittel, Eitorf vor eine neue herausfordernde Situation stellen werden.

Die wirtschaftlichen Folgen werden wir alle zu spüren bekommen. Wirtschaftlich schwächelt Eitorf schon seit Jahren, wir müssen diesen Trend umkehren! Dies funktioniert aber nur wenn wir uns klar darüber sind, wie wir Eitorf voranbringen möchten.

Wir sollten endlich über das “Machen” sprechen.

Herr Bürgermeister, als Chef der Verwaltung sind Sie aufgefordert uns, die Vertreterinnen und Vertreter des Rates von Ihrem Plan zu überzeugen.

Ich habe mir als Ratsmitglied schon einige Haushaltsreden angehört und auch Reden aus anderen Kommunen gelesen. Was ich aber noch nie erlebt habe ist, dass der erste Bürger der Gemeinde lediglich seine Wünsche aufzählt, ohne einen einzigen Lösungsansatz für die grundsätzlichen Probleme unserer Gemeinde einzubringen.

Es fehlt nicht an großen Worten, Herr Viehof. Sie zählen auf, was alles gemacht werden muss, aber nicht wie Sie es umsetzen möchten. 38 Wünsche – aber keine Lösung. Gerne erklären Sie Themen zur Chefsache. Da helfen auch keine Helmut Kohl Zitate.

Zu meiner großen Enttäuschung haben Sie es in eineinhalb Jahren nicht aus dem Wahlkampfmodus heraus geschafft.

Sie sprechen grundsätzlich in der “Wir”-Form. Das “Wir” ist Ihnen aber anscheinend fremd. Diesen Vorwurf muss ich Ihnen als Fraktionsvorsitzende der SPD Eitorf machen. Sie hatten die Chance mit Ihrer Haushaltsrede ein “Wir” hier mit dem Gemeinderat und der Verwaltung herzustellen.

Ich bin mir nicht sicher ob Sie verstehen was ich meine. Um tragbare Lösungen zu finden, wurde eine Kommission geschaffen, die sich mit den Fragen zur finanziellen Situation des Haushaltes der Gemeinde beschäftigte. Es bestand Einigkeit darüber, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.

Sie haben einen eigenen Vorschlag erarbeitet. Anstatt diesen gemeinsamen Vorschlag einzubringen und die gemeinsame Arbeit zu loben, haben Sie eine Rede gehalten, die einer Wahlkampfrede gleicht.

Nur kurz zur Klarstellung: Lieber Herr Bürgermeister, Sie sind bereits gewählt worden, jetzt müssen Ihre vielen Versprechen auch eingelöst werden. Packen Sie die Themen an, machen Sie uns Vorschläge und hören Sie auf, Ihre Träume darzulegen. Bleiben Sie ehrlich, teilweise widersprechen Sie sogar Ihrem eigenen Haushalt. Beispielsweise bei den Mitteln für die Sanierung einer Brücke. Tatsächlich sind diese Mittel nicht im Entwurf drin. Sie verkünden dies gross, allerdings bevor ein Beschluss über den Jahreshaushalt gefasst wurde. Weniger Achtung und Respekt vor dem Gemeinderat ist eigentlich gar nicht möglich.

Ebenso haben Sie verkündet, dass die Parkgebühren erhöht wurden. Als Verwaltungsprofi müssten Sie doch wissen, dass das zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschlossen war.

Ganz nebenbei finde ich es bemerkenswert, dass Sie als bekennender Kämpfer für Parkplätze diese Erhöhung der Parkgebühren durchgeführt haben. Sie können sich auch nicht davor verstecken, indem Sie behaupten, dass musste jetzt so sein. Wo ist ihr Gestaltungswille? Stehen sie doch dazu, dass Sie die Gebühren erhöhen wollten.

Wenn das Ihr Verständnis von “Wir” ist, dann nehmen Sie diesen Gemeinderat nicht ernst. So können Sie im Gegenzug auch nicht erwarten, dass wir Sie ernst nehmen.

Die Konjunktive in Ihrer Rede haben uns alle verblüfft. Überraschend kam die Streichung sämtlicher Mittel für ein “integriertes Handlungskonzept”. Für Eitorf ist dies ein schwerer Rückschritt. War es doch eines Ihrer zentralen Versprechen im Wahlkampf, Fördersummen auch auch für Parkplätze bekommen zu können. Fakt ist, Eitorf geht komplett leer aus. Mir persönlich tut dies besonders weh. Ich verband mit diesem Förderprogramm eine Chance, die Stärken unserer Gemeinde herauszuarbeiten und einen neuen, modernen, innovativen und nachhaltigeren Fokus für unser Eitorf zu finden.

Neben den kommenden Baustellen sind wir jetzt zusätzlich gezwungen, die Verkehrssicherheit aus haushälterischen Mitteln zu stemmen. Haben Sie einen Vorschlag? Die Situation für Fußgänger am Marktplatz ist nicht besser geworden, erst kürzlich ist schon wieder eine Bürgerin schwer gestürzt. Die Stolperfallen müssen endlich beseitigt werden.

Die finanzielle Lage der Gemeinde Eitorf ist eine schwierige. Das letzte Jahrzehnt war gekennzeichnet von permanentem Sparen. Diese Maßnahmen erfolgten im Zuge einer guten wirtschaftlichen Situation in Deutschland.

Während Bund und Land ihre Haushalte weitestgehend ausgleichen konnten, ist dies in Eitorf nicht der Fall. Schuld daran ist die Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden in NRW. Wir können in Eitorf so viel konsolidieren wie wir wollen, aber durch neue nicht gegenfinanzierte Leistungsgesetze oder erhebliche Mehrkosten im Sozialbereich werden diese Bemühungen systematisch konterkariert.

Nur mit gesunden Finanzen sind Gemeinden und Städte politisch handlungsfähig. Die Landesregierung hat ihre kommunale Familie im Regen stehen gelassen. Stadt und Land, Hand in Hand hieß es vor fünf Jahren. Davon spüren wir hier unten nichts. Es war absolut richtig aufgrund der Coronapandemie die Kommunalfinanzen aufzustocken. Ich lehne aber die “Kreditierung” ab, wie es die schwarz-gelbe Landesregierung umgesetzt hat. Unter einer SPD geführten Landesregierung wird es keine Rückforderung der Ausgleichsbeiträge für 2021 und 2022 und in späteren Jahren geben. Wir brauchen in den Kommunen eine echte finanzielle Unterstützung, um die Kommunen nicht in eine “neue” Altschuldenfalle laufen zu lassen.

Es gibt weiterhin zu wenig Kindergartenplätze in Eitorf!

Die Bereitstellung ausreichender Kindergartenplätze in Eitorf bleibt unsere Kernforderung. Die SPD-Fraktion beantragt, dass die Gemeinde kontinuierlich Ausschau nach geeigneten Gebäuden und Flächen hält und prüft, ob eine Nutzung als Kindergärten möglich ist. Wenn eine Trägerschaft nicht möglich ist, muss endlich eine Grundsatzentscheidung getroffen werden. Die Gemeinde kann sich nicht mehr davor drücken auch gemeindeeigene Kindergärten anzubieten.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss in Eitorf verbessert werden und zwar mit besserer Kinderbetreuung, zeitlicher Flexibilität und gezielter finanzieller Unterstützung. Die problematische Situation in der Kinderbetreuung in Eitorf wird sich in den kommenden Jahren aufgrund der demografischen Lage weiter zuspitzen. Eine weiteres Abwenden auf betroffene Eltern ist nicht weiter hinnehmbar.

Wir haben sehr viele Baustellen in Eitorf. Gefühlt arbeiten wir uns am Kleinklein ab. Angesichts des hohen Risikos eines weiteren Scheiterns zukunftsweisender Projekte für Eitorf, müssen wir uns einer Richtung klar werden. So wie es aktuell läuft, darf es nicht weitergehen. Die Projekte müssen endlich solide zu Ende gebracht, bzw. realisiert werden. Permanent neue Wünsche zu formulieren bringen uns nicht weiter. Hier erwarte ich den Schwerpunkt Ihres zukünftigen Schaffens, Herr Bürgermeister. Sie haben mit dem kommenden Doppelhaushalt die Chance diese Priorisierung vorzunehmen und endlich an den wichtigen Projekten und der Ausführung dran zu bleiben. U.a. das Eitorfer Schwimmbad, die Sportstätten, der Anbau der Sekundarschule müssen konkret voran- und zu Ende gebracht werden.

Wie geht es weiter mit der Bahnüberführung an der Brückenstraße? Wir beantragen die Vorstellung konkreter nächster Schritte inkl. Zeitplanung im zuständigen Ausschuss.

Wie ist der Stand der Planungen für den Rathausneubau? Sind bereits Bedarfserhebungen an notwendigen Flächen und Räumlichkeiten gesammelt worden? Wie sehen die nächsten Schritte aus? Auch hier beantragen wir die Vorlage möglicher nächster Schritte in den zuständigen Ausschüssen.

Über allem muss unser gemeinsamer Fokus auf dem Erhalt vorhandener Arbeitsplätze in Eitorf liegen.

Bezug nehmen möchte ich auf die letzte Haushaltsrede der SPD-Fraktion, hieraus liegen noch Anträge vor, die noch gar nicht bearbeitet worden sind. Diese Anträge möchte ich hiermit noch mal zurück aufs Tableau holen. Wir bleiben weiterhin dabei, dass wir ein Mobilitätskonzept für Eitorf brauchen. Möchten wir ernsthaft den Auswirkungen des Klimawandels gegenhalten, ist der Ausbau des ÖPNVs eine Lösung. Ziel muss es sein, den Individualverkehr auf ein Minimum zu reduzieren und im Gegenzug ein Angebot zu schaffen, das Bürgerinnen und Bürger bezahlbar und gerne nutzen. Die Verwaltung wird weiterhin beauftragt, ggfs. unter Mitwirkung externer Expert*innen ein Mobilitätskonzept für die Eitorfer Dörfer zu entwickeln.

Dabei sollen u.a. folgende Punkte berücksichtigt werden: IST-Analyse der bestehenden ÖPNV-Verbindungen und der bestehenden Lücken. Ausbau des liniengebundenen ÖPNV, sowohl der Linien, als auch der Taktung (auch am Wochenende) und Erstellung einer Prioritätenliste. Die Einführung von Schnellbussen soll ebenfalls geprüft werden, denkbar wäre eine Linie Eitorf/ Ruppichteroth.

Die Lebensqualität in einem Dorf hängt maßgeblich von den Möglichkeiten ab, von dort aus zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen, zur Schule oder zu Freizeitbeschäftigungen gelangen zu können. Problematisch ist das vor allem für Menschen ohne Auto, d.h. vor allem für junge Leute, Seniorinnen und Senioren.

Die Gemeinde sollte eine Prioritätenliste erstellen. Wir würden es als SPD-Fraktion begrüßen, wenn zur Erstellung des Konzeptes ein begleitender Arbeitskreis aus Mitgliedern der Dorf- und Bürgervereine und des Heimatvereins einbezogen werden. Als kompetenter Ansprechpartner steht das Mobilitätsmanagement des VRS zur Verfügung.

Mobilität ist ein Grundrecht und eine Bedingung für ein selbstbestimmtes Leben. Angesichts des demografischen Wandels ist es eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre – hinzu kommt noch der Aspekt der Klimafreundlichkeit- die Mobilität für diese Zielgruppe in unseren Dörfern zu verbessern.

Ausdrücklich möchte ich der Verwaltung dafür danken, dass der Antrag der SPD-Fraktion aus der letzten Haushaltsrede hinsichtlich der Beschaffung von E-Bikes und der Einführung des Fahrradleihsystems ausgeführt wurde.

 

Grundsätzlich möchte ich abschließend an Sie, Herr Bürgermeister, folgendes öffentlich erklären. Die Ausschussarbeit ist uns in den letzten Monaten von Ihnen extrem erschwert worden.

Sie sind angetreten, um die Probleme in Eitorf anzugehen. Hindern Sie aber nicht den Rat und die Ausschüsse daran ihren Aufgaben nachzukommen! Es ist nicht im Sinne des Erfinders, wenn Ausschussarbeit zum Erliegen kommt, weil Themen vom Chef der Verwaltung persönlich bearbeitet werden, bzw. zur Chefsache erklärt werden und ein inhaltlicher und organisatorischer Flaschenhals erzeugt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Hundefreilauffläche. Sie haben uns letztes Jahr im Ausschuss versprochen eine Beschlussvorlage vorzubereiten und dem Ausschuss vorzulegen. Passiert ist in sechs Monaten nichts.

Ich verstehe unter Führung, das Delegieren von Tätigkeiten an qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sorgen Sie dafür, dass unsere Verwaltung effizient arbeiten kann und handlungsfähig ist.

Herr Bürgermeister, wir kommunalpolitisch Engagierte sind angetreten, um Eitorf zu gestalten. Leider sind in den letzten 1 1/2 Jahren viele Dinge geschehen, mit denen Sie uns regelrecht vor den Kopf gestoßen haben. Dies ist nicht förderlich für ein nachhaltiges “Wir”-Verständnis. Angesichts der Pandemie-bedingten schwierigen Umstände Ihres Amtsantritts fiel unsere Kritik moderat aus. Dies werden wir in Zukunft ändern. Nehmen Sie uns, den Rat, die Angestellten und Bediensteten mit. Erläutern Sie uns Ihre realisierbaren Lösungen für Eitorf. Wir verlangen eine klare Perspektive und nicht die nächste unrealisierbare fixe Idee. Das nächste Haushaltsjahr wird wegweisend für die Zukunft Eitorfs, wir müssen wissen wie es weiter geht.

 

Schlussworte

Ich komme hiermit zum Ende meiner Haushaltsrede. Wir haben uns zur Wahl gestellt um Verantwortung für Eitorf zu übernehmen. Auch wenn viele Entscheidungen, den Haushalt betreffend, von höherer Ebene getroffen werden, wird die SPD-Fraktion dem Haushaltsplan zustimmen. Gerade die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Engagement vor Ort ist. Ich nutze die Gelegenheit an dieser Stelle in Richtung Kreis und Land noch einmal zu betonen, wie wichtig die Kommune in unserem System ist. Bürgerinnen und Bürgern merken die Einsparungen und Belastungen vor Ort. Es ist kontraproduktiv, wenn der Kreis- und Landeshaushalt ausgeglichen ist, die Kommune hierfür aber Grundsteuern erhöhen und Kulturangebote aufgeben muss. Der Fokus muss auf dem kleinsten Glied in der Ketten, den Kommunen liegen. Lasst uns nicht im Regen stehen!

Nun schließe ich mit dem Wunsch, dass wir in der restlichen Wahlperiode einen Stil pflegen, in dem der Austausch von Argumenten alleine entscheidend ist. Etwas das uns alle verbindet ist, dass es uns um Eitorf geht, da ziehen wir alle an einem Strang. Bei so großen Investitionen und Veränderungen, die auf uns zukommen, müssen wir uns fraktionsübergreifend mit guten Ideen unbefangen nähern, Argumente abwägen und anhand sachlicher Kriterien entscheiden.

Im Namen meiner Fraktion möchte ich ausdrücklich den Menschen danken, die in diesen schwierigen Zeiten dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft weiter funktioniert. Einen herzlichen Dank an Polizei, Verwaltung, Feuerwehr, den Angestellten in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Ihr bildet die Wirbelsäule unserer Gesellschaft. Wir sind froh und dankbar, dass es Euch gibt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

 

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